Ach November, Du trüber Monat. Wie kann ich Dich gern haben? Du mit deinen kurzen Tagen, den dichten dunklen Wolken am Himmel, dem vielen Regen, Sturm und der Kälte? Du bist die Zwischenzeit; sitzt Du doch zwischen dem so oft als „golden“ bezeichneten Oktober und dem Advent, in dem einem von überall her warme Lichter entgegen leuchten und Geborgenheit ausstrahlen. Du weckst in mir traurige Gedanken. Liegt es an der Vergänglichkeit, die Du uns Jahr für Jahr vor Augen führst? Oder ist es das fehlende Sonnenlicht, das sich wie ein Schleier über die Welt legt? Wir dürsten nach Helligkeit, springen von Sonnenstrahl zu Sonnenstrahl, sofern sie sich durch die dunklen Wolken kämpfen können, hangeln uns über den Volkstrauertag und den Totensonntag bis endlich der erste Advent näher rückt; und mit ihm die herzerwärmenden Lichter.

 

Novemberherz

Wo sitzt das liebende Herz?
Dort, wo auch das schlagende Herz zu Hause ist?
Wo es pulsiert und pumpt und pocht?
Wo es lebt?
Dort schmerzt es schon lange nicht mehr.
Wo sich die Rippenbögen treffen und eine Linie bilden.
Nicht beim Einatmen.
Nicht beim Ausatmen.

Mein Herz hat all seine Liebe verschenkt.
Es kann noch gern haben,
auch verstehen
und mitfühlen.
Aber lieben?

Oder lieben wir gar nicht mit dem Herzen?
Lieben wir mit den Händen? Den Augen?
Oder gar mit dem Verstand?

Meine Hände fühlen das kühle Nass der leichten Regentropfen im Sommer.
Sie fühlen die flauschige Decke in meinem warmen Zuhause im Winter.
Sie fühlen auch die sanft rauen Seiten des Buches vor mir.
Sonst sind sie taub.

Meine Augen sehen das Funkeln der Sterne am dunklen Nachthimmel.
Sie sehen das wohlige Rot der Sonnenuntergänge über dem Meer.
Sie sehen auch die sehnsuchtsvolle Weite in meinen Träumen.
Sonst sind sie blind.

Mein Verstand rollt Fragen hin und her wie Murmeln auf weichem Asphalt.
Er wägt jegliche Details genau gegeneinander ab,
listet sorgsam alle Vorteile und jedes Risiko auf, vergleicht und entscheidet.
Er schweigt nie.

Herz, erhebe Dich!
Schlage, vibriere, poche!
Pumpe warmes Blut in meine Hände, damit sie wieder fühlen.
Erleuchte mich von innen, damit meine Augen wieder Liebreizendes sehen.
Liste all die schönen Dinge des Lebens für meinen Verstand auf, damit er schweigt.

Und dann, mein Herz, lass uns lieben!
Collage von Herzen und Kerzen

 

*Ich wünsche Dir einen schönen Herbst – gerne mit ein paar Lichtblicken! Und wenn es mal ganz trübe wird: mit einem guten Buch auf’s Sofa verziehen kann bekanntlich auch sehr schön sein 🙂