Die Sonne scheint schon den ganzen Tag, die Luft ist sommerlich aufgewärmt und dennoch: mich überkommt ein Frösteln als ich durch den weißen Torbogen laufe und mich den ebenfalls weißen Säulen nähere. Die Straße der Menschenrechte in Nürnbergs Innenstadt wurde am 24. Oktober 1993 feierlich eingeweiht. Seither erinnern die 27, jeweils acht Meter hohen Säulen daran, dass alle Menschen gleich sind, dass unser aller Würde unantastbar ist, dass wir Recht auf unseren Glauben haben, auf Bildung, auf Asyl, auf Freiheit. Gestaltet wurde das Mahnmal von Dani Karavan. Und obwohl sich Nürnberg nach eigenen Aussagen intensiv und kontrovers mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt – das Thema Menschenrechte begegnet einem in der Tat an vielen Orten der Stadt – hat der Prozess bis zur Fertigstellung der „Straße der Menschenrechte“, zu der neben den Säulen auch ein weißer Torbogen gehört, einige Jahre gedauert.

Langsam gehe ich von Säule zu Säule. Meine Fingerspitzen fahren über ihre glatte Oberfläche, lese die Innschriften. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ steht auf der ersten – Artikel eins der Charta der Menschenrechte, die als Resolution am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen genehmigt und verkündet wurde.

Nürnberg spielt in unserer Geschichte eine wichtige Rolle. Hier wurden 1938 die Nürnberger Gesetze vom NS-Regime erlassen. Hier hielten die Alliierten die Nürnberger Prozesse ab, klagten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Kriegsverbrecher wie Hermann Göring, Rudolph Heß, Wilhelm Keitel wegen unvorstellbarer Gräueltaten an. Aber Nürnberg war es auch, das sich während der Revolution 1848 hinter die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche stellte. Mehr noch: die Nürnberger drohten, sich von Bayern abzuspalten, wenn König Maximilian II. gegen die Beschlüsse der Versammlung stellen würde.
Von daher ist Nürnberg ein guter Ort für dieses Mahnmal. Darüber hinaus sollte es in jeder Stadt ein eine ähnliche öffentliche Stätten geben, die immer wieder mahnen, dass wir die Menschenrechte ernst nehmen, dass wir immer wieder für ihre Einhaltung aufstehen müssen und vor allem, dass sie für jeden Menschen gelten, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder anderer Dinge, nach denen wir Menschen andere Menschen gerne kategorisieren. Sie gelten für jeden, ganz gleich, in welchem Land jemand geboren wurde oder lebt. Sie gelten weltweit. Und dennoch werden sie immer wieder mit Füßen getreten. Nicht immer durch aktives Handeln – oftmals „einfach“ durch Wegsehen, durch Zögern und Hadern und Abwarten, durch Ignoranz.

Menschenrechte werden nicht nur in den vielen bewaffneten Konflikten, Bürgerkriegen und Kriegen mit Füßen getreten. Auch in vielen Industrienationen ist es nicht immer gut um sie bestellt. Vor allem einige elementare Eckpfeiler unserer freien Gesellschaft wie Meinungs- und Pressefreiheit leiden. Und es geht um mehr – es geht auch darum, wie wir mit einander umgehen, wie wir uns gegenseitig achten, ob wir respektvoll miteinander umgehen, freundlich sind, Verständnis haben – und ja, auch so etwas wie Empathie für einander empfinden.

Ein Appell für mehr Menschlichkeit

Empathie. So ein schönes Wort – so eine schöne Sache. Wenn ich selbst empathisch bin, werde ich gerne als Gutmensch bezeichnet – und das nicht im positiven Sinne. Im Bestenfalls werde ich mitleidig beäugt und es wird halb zu, halb über mich gesagt, ich sei eben eine „ganz sensible Person“. Als wenn das etwas Schräges, Unnützes oder sonst wie Abnormales sei. Wenn ich von Anderen Empathie einfordere, werde ich gerne und ohne Umschweife als zickig abgetan. Denn, so höre ich oft, so sei die Welt nun einmal (nicht). Sagt wer?  Wer sagt, Empathie gehöre nicht in unsere Welt? Worte wie Respekt und Menschlichkeit dürfen ebenfalls keine leeren Hülsen sein. Auch hier in Deutschland! Denn es ist nicht „die Welt“, die keinen Platz für Empathie und Freundlichkeit hat, es sind wir Menschen, die diese Eigenschaften als vermeintliche Schwäche abtun.
Wir entscheiden, in welcher Welt wir leben. Und da ist jede und jeder gefragt, ihren oder seinen Teil dazu beizutragen. Also, werft altbackene Hierarchieergebenheit und Schranken im Kopf über Bord und lasst uns gemeinsam die Welt ein bisschen besser machen 🙂

Nein, ich bin sicher keine Heilige! Aber ich werde nicht müde, meinen Mitmenschen mit Neugier, Interesse und Respekt zu begegnen – und genau das auch deutlich von ihnen einzufordern!

Weitere Highlights der Nürnberger Innenstadt

Nach dem inspirierenden Spaziergang durch die Straße der Menschenrechte warten noch weitere spannende Sehenswürdigkeiten in Nürnbergs Innenstadt. Bei diesem schönen Sommerwetter scheint es, als sei die halbe Stadt auf den Beinen und genießt das Leben bei einem Picknick an der Pegnitz, die durch Nürnberg fließt, oder bei einem leckeren Abendessen in einer der vielen Biergärten. Einige Impressionen habe ich für Dich in meinen Fotowelten zusammengestellt.