Es flattert, schwirrt, gleitet, fliegt, wimmelt und summt. Neben uns, vor oder hinter uns und manchmal sogar auf uns. Mal rot, mal gelb, mal blau. Die kleinen Blüten am Wegesrand sind Ziel der bunten Schmetterlinge, fleißigen Hummeln und filigranen Schwebfliegen. Unentwegt ziehen sie von Blüte zu Blüte, manche scheinbar getrieben von ihrer Sammelleidenschaft von Pollen, andere sehr wählerisch bei ihrer Entscheidung, welche Blüte sie als nächstes anfliegen. Das kleine schillernde Sechsfleck-Widderchen, auch Blutströpfen genannt, zum Beispiel, ein Nachtfalter, fliegt ausschließlich auf violett!

Für die August-Ausgabe meiner Sommerserie bin ich ganz im Norden von Schleswig-Holstein unterwegs, im Naturschutzgebiet „Schäferhaus Nord“ bei Flensburg. Wo früher Panzer durch die Steppe brummten und die Bundeswehr ihre Manöver übte, hat seit Ende der 1990er Jahre ganz offizielle die Natur das Sagen: Seit 1998 sind die rund 300 Hektar Teil des Stiftungslandes der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und werden als sogenannte Halboffene Weidelandschaft gemanagt; später mehr zu diesem leicht sperrigen Begriff.

Denn nicht nur Bundeswehr und Natur haben dieses Fleckchen in der Ostseeregion geprägt – viele Einflüsse sind viele Tausende Jahre alt. Das erfahren wir bereits am Eingang zum „Schäferhaus“ auf einer großen Tafel, auf der auch die (Wander-)Wege eingezeichnet sind. Hier gibt es verschiedene Hügelgräber, unter anderem aus der Bronzezeit, eine jungsteinzeitliche Dolmenkammer und natürlich Findlinge, Überreste der jüngsten Eiszeit. Auch der ehemalige Ochsenweg, auf dem die Vierbeiner von Dänemark zum Verkauf nach Hamburg getrieben wurden, gibt Einblicke in die Geschichte.

Ausgerüstet mit diesen Informationen geht es auf in die Savanne! Mit dieser wird das Naturschutzgebiet bei Flensburg nämlich oft verglichen. Die Gemeinsamkeit erschließt sich mir auf den ersten Metern noch nicht, ist der Weg erst einmal recht breit und gut erschlossen, die Wegränder kurz geschnitten, dahinter erstreckt sich Gebüsch und in der Ferne tauchen Nadelhölzer auf. Die afrikanische Savanne habe ich anders in Erinnerung, aber ich will nicht ungeduldig werden und spaziere einfach mal weiter 🙂

Sandglöckchen, niedliche blaue Blümchen mit einer Blüte in Glockenform, zieren das Grün am Wegesrand. Wilder Thymian, leuchtend gelber Hornklee, violette Ackerwitwenblumen. Die vielen Insekten, die sich hier tummeln, haben die freie Auswahl und ziehen eifrig von Blüte zu Blüte. Kleine Bläulinge, Dickkopffalter und auch einige Kleine Feuerfalter kreuzen meinen Weg.
Im Augenwinkel hüpft etwas Kleines, Dunkles über den Weg. Als ich genauer hinsehe, entpuppt sich der braun-schwarze Fleck als eine Erdkröte, winzig klein, vielleicht so groß wie mein halber Daumen. Wenige Meter die nächste und dann noch eine und noch eine.
Dazwischen wuselt eine Baby-Waldeidechse, quert so schnell wie es ihr mit den kleinen Beinchen möglich ist den Sandweg und verschwindet im Grün der anderen Seite. Hier ist was los! Und auch ohne Biologin oder Artenkennerin der heimischen Natur zu sein, sehe ich, dass hier wirklich viele verschiedene Pflanzen und Tiere zu Hause sind.

Auf der Informationstafel bei einer kleinen Aussichts-Anhöhe steht: „Vielfältig wie die afrikanische Savanne: Ein Blick über die weiten Flächen des Stiftungslandes Schäferhaus lässt einen Vergleich zur afrikanischen Savanne lebendig werden.“ In einer halboffenen Weidelandschaft, so heißt es weiter, wechseln sich offene Flächen, Gebüschgruppen und kleinere Waldbereiche ab.

In dieser halboffenen Weidelandschaft leben Gallowayrinder und Konikwildpferde. Eines der Rinder kreuz nur wenige Meter vor uns den Sandweg, bleibt dabei kurz stehen und schaut für eine, zwei Sekunde in unsere Richtung, ehe es gemütlich weiterläuft. Mit gemächlichen Schritten verschwindet es zwischen den Weißdorngebüschen. Vermutlich ist es ihm in seinem pechschwarzen, dabei fröhlich gekräuselten Fell ebenso warm wie mir: Obwohl das Thermometer am Auto lediglich 19 Grad angezeigt hat, fühlt es sich hier im Schäferhaus deutlich heißer an, ziemlich schwül-stickig und irgendwie gleichzeitig trocken. Selbst von den Regenmassen der vergangenen Tage – selbst am Vortag hat es ausgiebig geregnet – ist nichts mehr zu sehen, der Weg staubtrocken.

Tiefblau mit kleinen weißen Wattewölkchen, als seien sie aus einem Bilderbuch entsprungen, hängt der Himmel über dem Schäferhaus. Eine weite Ebene – denn das bedeutet das Wort Savanne ursprünglich. So klein ist die Welt, da liegt die Savanne direkt neben der Ostsee! 🙂

Ein paar Impressionen, vor allem von den vielen schönen Schmetterlingen, findest Du in meinen Fotowelten.