Bunte kleine Strandhütten, aufgereiht wie fröhliche Perlen auf einer Schnur, in der das Sonnenlicht glitzert. Ein langer Strand mit viktorianischen Pavillons auf der Promenade, verschnörkelt in strahlendem Weiß, mit grün abgesetzt, die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wach rufen. Weiß-blaue gestreifte Strandliegen, die zu einem Sonnenbad einladen. All die schönen Bilder, die ich schon von Brighton, dem historischen Seebad an der britischen Südküste unweit von London, gesehen hatte, zogen mich diesen Sommer eben an diesen Ort.

Mit mir strömt gefühlt halb London an diesem schönen Sommertag Richtung Küste. Die Zugverbindung zwischen Hauptstadt und Brighton ist sehr gut, etwa alle halbe Stunde geht ein Zug ab Victoria Station und dauert je nach Verbindung zwischen 55 und 70 Minuten.
In Brighton angekommen brauche ich gar keinen Stadtplan: ich folge einfach dem Strom, der mich direkt zum Strand führt 🙂

Die Brighton Pier sticht sofort ins Auge – und nicht nur, weil sich ihr charmantes Weiß heute so vorzüglich gegen den tiefblauen Himmel abhebt. Die leuchtenden Buchstaben „Brighton Pier“ blinken, glitzern und flackern auch am Tage, weisen den Besuchern den Weg auf die Vergnügungsmeile mit Achterbahn, Karussell und Fish-and-Chips-Ständen. Hier erinnert nichts mehr an die Glanzzeiten von Brighton, in denen die Ladys und Gentlemen, unter ihnen viele Adlige, auf der Promenade flanierten. Aber vermutlich haben mich die Bilder, die ich von der Stadt gesehen habe, auf eine falsche Fährte gebracht: Brighton ist eben längst nicht mehr das verträumte, verschnörkelte Seebad von damals, das viele reiche Londoner anzog, oder gar das kleine Fischerdörfchen, als das es begann. Brighton ist zu einer großen Stadt angewachsen, inzwischen mit rund 280.000 Einwohnern – im Sommer deutlich mehr, wenn sich zu den Studenten der beiden Universitäten die vielen Jugendgruppen, Sprachschüler und Touristen gesellen.

Brighton ist ebenfalls Ziel von Obdachlosen, die in den Sommermonaten in den Küstenort kommen. Vor allem am Abend nutzen sie die überdachten Bänke an der Promenade für ihr Nachtlager. Hilfsorganisationen verteilen regelmäßig Essen und Trinken. Das sei der Grund, wieso sie herkämen, erzählen mir einige Einheimische, wegen der guten Unterstützung für Obdachlose, die die Stadt biete.
Mir fallen sie einfach auf, insbesondere die langen Schlangen bei der Essensausgabe am Abend. Mein Blick sucht prüfend den Gehweg vor ihnen ab, aber nirgends ein Schälchen oder ein Pappschild, auf dem um Geld gebeten wird. Nicht an der Promenade. Gebettelt wird eher tagsüber in den geschäftigen Straßen der Innenstadt.

Normalerweise durchstöbere ich die Orte nach ihrer „anderen Seite“, nach dem Unpopulärem, vermeintlich Gewöhnlichem, nach allem, wohin der Blick nicht sofort beim ersten Mal fällt. Ich fotografiere gerne Hinterhöfe, Heruntergekommenes, Alltägliches, Vergessenes. Die leere Bierflasche auf dem Gehweg, Überbleibsel einer langen Nacht. Die sorgfältig zum Trocken aufgehängte Wäsche auf dem Balkon. Notdürftig geflickte Fensterrahmen in einem dunklen Hauseingang.

In Brighton ist es anders. Diesmal suche ich – erst einmal – nach dem Schönen; denn das ist, was mir hier nicht sofort ins Auge fällt, in den überfüllten Straßen und auf dem turbulenten Pier. Wir haben Sommer! Sonne, blauer Himmel, bunte Farbe, leuchtendes Meer. Auf zur Suche nach dem Schönen! 🙂

Der Klassiker: Besuch im Royal Pavilion

An diesem Gebäude kommt wirklich niemand vorbei: Mitten in Brighton steht seit 1822 der Royal Pavilion. Der Prince of Wales, der später als König George IV. in die Geschichte einging, ließ ihn für seine vielen Besuche in dem südenglischen Seebad erbauen. Von außen erinnert er an die imposanten indischen Paläste, von innen ist es ein spannender Mix asiatischer Farben, Muster und Einrichtungsgegenstände. Besonders beeindruckend ist der Kronleuchter im Bankettsaal in Form eines riesigen Drachens.

Nicht nur der Besuch selbst lohnt auf jeden Fall. Zwar liegt auch hier die Schönheit im Auge des Betrachters und so manches lässt sich eher als imposant oder interessant beschreiben denn als wirklich schön, aber der Royal Pavilion ist ein „must see“ in Brighton! Sehr zu empfehlen ist auch der Audio Guide, der zusätzlich zwei Pfund kostet. Zwar gibt es in allen Räumen Hinweistafeln und auch die Mitarbeiter erzählen den Besuchern nur zu gerne über die kleinen Kniffe und liebevollen Details des Palastes, ohne Audio Guide würde einem beim Rundgang dennoch vieles entgehen. Zum Beispiel die versteckten Symbole der Freimaurer an den Wänden des Bankettsaals – der Prince of Wales war Angehöriger einer britischen Loge. Auch über die ausufernden Festmahle, die der Prinz hier veranstaltet, wird erzählt. Einige hatten über 100 Gänge, wobei nicht Gang für Gang serviert wurde, sondern mehrere Gänge gleichzeitig auf dem Tisch standen und die Gäste sich daran frei bedienen konnten. Im Gegensatz zu vielen Herrenhäusern und Palästen ist im Royal Pavilion die Küche sehr dicht an den herrschaftlichen Räumen, dazu hat die Küche hohe Decken, damit die Hitze besser entweichen konnte. Der Prinz war fasziniert vom Kochen – und auch vom Essen 🙂

Der Audio Guide verrät auch einiges über die Eingangshalle, in der augenscheinlich viel Bambus verbaut wurde. Allerdings erfährt der aufmerksame Besucher durch die freundliche Bandansagerin, dass es sich dabei nur um angemaltes Holz handelt, um den Eindruck von Bambus zu erwecken. Das war einfach günstiger in der Herstellung.

Mehr will ich hier aber nicht verraten – den Pavillon musst Du Dir einfach selbst ansehen 🙂 Genauso den Garten. Groß ist er nicht, jedenfalls im Vergleich zu anderen Schlössern und Herrenhäusern. Aber hübsch angelegt mit bunten Blümchen und einem Miniteich mit Seerosen, in dem sich das Gebäude mit seinen Türmchen und Säulen wunderschön spiegelt.

Wer sehr früh morgens unterwegs ist, beispielsweise um das Morgenlicht für Fotos zu nutzen, der sollte sich auf herumliegenden Müll auf dem Rasen und Parkbänken gefasst machen. Überbleibsel der Partymeute, die besonders an den Wochenenden in der Stadt unterwegs ist. Aber wenn die Putzkolonne durchgezogen ist, sieht alles wieder bezaubernd aus!

Brighton, zeig mir mehr von deiner schönen Seite!

Je nach Geschmack gibt es einige weitere nette Ecken in Brighton. Dazu gehören zum Beispiel der Yachthafen im Osten der Stadt, der Wanderweg entlang der weißen Klippen in den Nachbarort Rottingdean und die bunten kleinen Beach Huts an der West-Promenade.

Einige der schönen Ecken findest Du in meinen Fotowelten/Auf Reisen/Großbritannien.