Rosamunde Pilcher-Fans, Naturliebhaber und Freunde verträumter Landschaften aufgepasst: hier kommt das absolute Highlight der britischen Südküste, die „Seven Sisters“! Etwas östlich von Brighton in dem kleinen Ort Seaford starten die wunderschönen weißen Kreidefelsen und erstrecken sich über sieben Hügel bis zum Seebad Eastbourne. Wer in East Sussex Urlaub macht, sollte keinesfalls versäumen, zumindest einen Teil dieser Küstenlinie entlang zu wandern. Es geht zwar stets die langegezogenen Hügel hinauf und hinunter, die Aussicht auf die weißen Felsen und das Meer, das bei Sonnenschein in allen erdenklichen Blau- und Türkistönen leuchtet, ist aber jede Mühe wert!

Auch wenn der Küstenabschnitt durch die Flussmündung des Cuckmeres getrennt ist, starte ich meine heutige Wanderung beim Pub „Cuckmere Inn“ (auch eine Haltestelle von Bus 12/12X, der alle zehn Minuten zwischen Brighton und Eastbourne verkehrt. Bus 13X macht zudem einen Schlenker an der Küste entlang, hält u.a. Beachy Head) und laufe rechts am Fluss entlang Richtung Küste. Mein Ziel: Seaford Head. Bevor ich auf den Klippen entlang wandere, möchte ich die Küstenformation zunächst in ihrer ganzen Schönheit von der gegenüberliegenden Seite genießen.

Ein paar Seidenreiher suchen im seichten Wasser nach Essbarem, Brandenten tummeln sich in kleinen Grüppchen am Flussufer und die Grillen zirpen unaufhörlich und mit voller Hingabe. Dazu zwitschert und tiriliert es aus den dichten Gebüschen am Wegesrand. Ansonsten ist es ungewöhnlich still. Auch der Cuckmere River, der sich in schwungvollen Kurven Richtung Küste schlängelt, fließt ruhig dahin, kein Sprudeln, kein Zischen, kein Plätschern. Malerisch hängen die wuchtigen Wattewolken über den Hügeln der Umgebung und sehen dabei so einladend und samtig weich aus, dass ich am liebsten zu ihnen hinüber springen und mich für ein Nickerchen in ihr bläulich-weißes Kleid kuscheln würde. Sie scheinen sich keinen Millimeter vom Fleck zu bewegen, als seien sie extra für meinen Besuch mit seidigen Farben an den blauen Himmel gemalt worden.

An der Flussmündung geht es ein kleines Stück rechts den Hügel hinauf und dann liegen sie vor mir, die berühmten „Sieben Schwestern“. In weichen Wellen zeichnet sich ihr weißer Fels vom Hintergrund ab, überzogen mit saftigem grünem Gras. In der Ferne ist winzig klein ein weißer Leuchtturm zu sehen; Belle Tout Lighthouse. 1832 erbaut und als Navigationshilfe für die Seefahrer genutzt, heute eine Bed- and Breakfast-Unterkunft und wahrlich ein Unikat! Insbesondere weil der komplette Turm 1999 einige Meter ins Hinterland gezogen wurde, damit er aufgrund der Klippenerosionen nicht ins Meer stürzt.

Seaford Head ist der perfekte Platz für ein kleines Picknick, entweder gemütlich auf der Wiese oder auf einem der Parkbänke. Doch ich habe noch einige Kilometer vor mir und es kribbelt in meinen Füßen: von hier sehen die Seven Sisters schon so schön aus, jetzt will ich unbedingt auf die andere Flussseite und über die Hügel wandern!

Über den Fluss oder die Flussmündung führt kein Weg, also laufe ich erst einmal zum Pub zurück, ein Stück an der Hauptstraße entlang und biege gegenüber vom Visitor Centre rechts auf den South Downs Way ein; erst einmal quer über die Schafweide, den Wanderwegmarkierungen folgend. Die weißen Wollknäule sind hier genauso scheu wie auf unseren norddeutschen Deichen, springen sofort auf, wenn ich näher komme, obwohl ich schon versuche, mich um sie herumzuschlängeln.

Oben auf dem ersten Hügel der „Seven Sisters“ angekommen erwartet mich eine sensationelle Aussicht. Das Wasser schimmert in den verschiedensten Blau- und Türkistönen, Möwen ziehen leise ihre Kreise über mir und vom Kiesstrand an der Flussmündung unter mir dringt fröhliches Lachen und Kreischen hinauf. In der Ferne schaukelt ein Segelboot auf den seichten Wellen und scheint nur mühsam vom Fleck zu kommen; windig ist es heute in der Tat nicht.

Nachdem ich den Ausblick genossen, mich zu allen Seiten umgesehen habe, beginne ich mit meiner Wanderung. Auf einem der nächsten Hügel taucht ganz klein, kaum zu erkennen wieder der weiße Leuchtturm „Belle Tout“ auf: das ist mein Tagesziel.
Fortan geht es auf den Sieben Schwestern fröhlich hinauf und hinunter, hinunter und hinauf. Gerade oben angekommen, liegt das nächste Tal bereits vor mir oder andersherum. Zum Glück war es die vergangenen Tage trocken und so lässt es sich auf der breiten Wiese mit mehreren Trampelpfaden gut laufen – denn bei Nässe verwandelt sich das grüne Gras,  gerade an den recht steilen Hängen,  sicherlich schnell in eine Rutschbahn.

Es wird gepicknickt, sich gesonnt, Selfis gemacht – und je weiter ich Seaford Head hinter mir lasse, desto ruhiger wird es. An der Kulisse aus Steilklippe, türkisfarbenem Meer und Möwen die an weißen Wattewölkchen vorbeischweben, ändert sich nichts und dennoch bleibt es atemberaubend schön. Jeder Hügel, den ich erklimme und von dem ich die Aussicht genieße, lässt mein Herz vor Entzücken – und vermutlich auch wegen dem etwas anstrengendem Weg 🙂 – schneller schlagen.

Alles, jede Welle, jeden Klippenvorsprung, jeden Grashalm, möchte ich in meinem Gedächtnis einfrieren, für die Ewigkeit erhalten, so schön ist es hier. Ein Bild sagt ja bekanntlich mehr als tausend Worte: Hier geht es zu meinen Fotowelten und mehr Eindrücken meiner Wanderung zu den „Seven Sisters“. Viel Spaß 🙂