Zurücklehnen, die vorbeiziehende Landschaften entspannt aus dem großen Fenster betrachten, dabei vielleicht einen schönen Tee oder eine frische Limonade genießen. Zusehen, wie kristallklare See, schneebedeckte Berge und grüne Wälder am Fenster vorbeirauschen. Reisen mit dem Zug, eine schöne Art, andere Länder zu erkunden. Der Canadian quer durch Kanada, die Transsibirische Eisenbahn von Moskau bis Shanghai oder der Blue Train durch den Süden Afrikas – Traumrouten mit dem Zug gibt es einige.

Zugegeben, Ostholstein ist nicht die Wildnis von Kanada, auch der legendären Baikalsee oder wilde Tiere lassen sich durch das Zugfenster nicht bestaunen. Aber auch in Schleswig-Holstein gibt es eine schöne Bahnstrecke: Auf der Fahrt von Kiel nach Eutin geht es vorbei an Wiesen, Wäldern und Seen. Eine Traumroute im Miniformat quasi 🙂

Los geht es im Hauptbahnhof von Kiel, der Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein, meist auf Gleis eins. Sofern die Züge nicht aufgrund von fehlenden Lokführern, heftigen Stürmen oder technischer Defekten ausfallen – nein, keine Sorge, in der Regel läuft es weitgehend nach Plan – gibt es zwei Verbindungen pro Stunde, einen Regionalexpress und eine Regionalbahn mit einigen zusätzlichen Halteorten. Schöne Aussichten gibt es während der Fahrt auf beiden Seiten; trotzdem suchst Du Dir am besten in Fahrtrichtung auf der rechten Seite einen Platz am Fenster.

Schnell wird es grün, nachdem der Zug die Rangiergleise hinter sich gelassen hat. Dabei führt der Weg noch eine Weile durch Stadtgebiet. Zunächst passieren wir Elmschenhagen, einen Stadtteil von Kiel. Hier wird bei der Vorbeifahrt für kurze Zeit links der Blick auf die Stephanuskirche frei. Ein kleines ovales Gebäude, weiß getüncht mit schwarzer Kirchenspitze.

Das schönste Stück der Zugstrecke startet kurz hinter Preetz, dem nächsten Halt, wenn der Zug durch die Holsteinische Seenplatte rattert. Vorbei geht es an friedlichen Seen, deren Oberflächen ruhig in der Sonne glitzern. Nur wenn sich Wildgänse, Schwäne oder Kraniche in den kleinen Buchten sammeln, kräuselt sich die Wasseroberfläche unter ihren breiten Füßen. Besonders schön die Fahrt vorbei an den Kührener Teichen. Nur vom Zug aus lässt sich diese weite Landschaft aus feuchten Wiesen in Ruhe beobachten. Auch hier tummeln sich zu jeder Jahreszeit Vögel und Enten. Schade, dass der Zug auf dem Damm inmitten der Feuchtwiese nicht ein paar Minuten hält, damit die Passagiere die Schönheit in Ruhe betrachten können.

Auf der Strecke zwischen Kiel und Eutin geht es auch durch hübsche Wälder. Natürlich ist es im Frühling ein besonderes Erlebnis, wenn sich die Sonnenstrahlen wie goldene Linien durch das dichte grüne Laubdach schieben, den Waldboden geradezu erleuchten, der mit weißen Buschwindröschen und gelben Scharbockskraut übersät ist. Aber auch in den anderen Jahreszeiten bietet die Fahrt durch die Wälder immer wieder traumhafte Anblicke. Die Bäume verändern über die Jahreszeiten ihre Farbe, von hellgrün im Frühling über sattem dunkelgrün im Sommer bis hin zu leuchtenden Rot- Orange- und Gelbtönen im Herbst. Und selbst im Winter, wenn die Stürme die letzten Blätter von den Ästen geweht haben, und der Wald scheinbar eine Pause eingelegt hat, irgendwie stillzustehen scheint, beruhigt der Anblick der großen und kleinen Bäume, die am Zugfenster vorbeiziehen.

Immer wieder durchbrechen weite Felder die Wald- und Seenlandschaft. Rehe stehen in einer kleinen Gruppe zusammen, kauen genüsslich das Grünzeug. Sie kennen inzwischen die Züge, die hier entlang rauschen, so springen sie nicht aufgescheucht davon. Ein Hase ist da weniger entspannt. In wildem Zickzack sucht er seinen Fluchtweg durch das abgemähte Feld. Er tut mir ein wenig leid, sicher rast sein kleines Herz wie wild, vor Aufregung und Anstrengung, dazu umsonst. Aber er weiß ja nicht, dass der Zug kein großes Wesen ist, ihn weder jagen noch fressen will. Dennoch sehe ich ihm fasziniert hinterher. Was für eine Kraft und Schnelligkeit.

Höhepunkt der Fahrt sind der Kleine und Große Plöner See. Der Zug schlängelt sich zunächst ein Stück am Kleinen Plöner See vorbei, Kanus ziehen über das Wasser, kleine Boote dümpeln am Ufer, bevor der Blick auf den Großen Plöner See frei wird. Spaziergänger schlendern auf dem Uferweg entlang. Zuvor liegen links das imposante, weiß getünchte Plöner Schloss, ein wenig erhöht auf einem kleinen Hügel, dichter am See das nicht minder hübsche Prinzenhaus und der Kräutergarten des Schlosses, der für Besucher geöffnet ist.

Während der Zug am Bahnhof von Plön hält, lässt sich der traumhafte Blick über den Plöner See in Ruhe genießen. Im Sommer sieht man häufig Ausflugsschiffe über den See schippern, Segelboote und Kajaks. Auffällig: der Wasserturm an der linken Seeseite mit seinem runden Dach, das jüngst renoviert wurde.
In Plön muss der Zug auf den Zug aus der Gegenrichtung warten – ist die Strecke Richtung Eutin lediglich eingleisig ausgebaut. So lässt sich der Ausblick eine Weile ungestört genießen.
Auch nach Plön bietet die Strecke wunderschöne Ausblicke auf die Seenlandschaft. Schöhsee, Behler See, Trent See, Dieksee. Dazwischen idyllische, teils auch imposante Reetdachhäuser, lange Einfahrten und hübsche Häuser mit Seeblick. Weiden mit entspannt grasenden Pferden, Kühen und Gallowayrindern; die erst genannten beiden allerdings nur in den wärmeren Monaten des Jahres. Die robusten Rinder hingegen leben das ganze Jahr über draußen.

In Eutin geht die etwa 45-minütige Reise zu ende. Unweit des neu gestalteten Bahnhofes finden sich die kleine Innenstadt, der historische Schlossgarten am Eutiner See und das Eutiner Schloss. Im Dezember sind viele der historischen Gebäude herrlich erleuchtet. Auch hier lohnt ein Besuch.

Die Strecke Kiel – Eutin liegt nicht in deiner Nähe? Vielleicht findet sich eine andere, schöne Strecke mit dem Zug in deiner Umgebung. Einfach ab in den Zug, den Ausblick auf die Landschaft genießen und sich an der kleinen Auszeit vom Alltag erfreuen 🙂