Eine Woche Nordseeküste. Wellenförmige Strukturen, von Wind gepeitschte Landschaften und tief gebeugte Bäume, kreischende Möwen und geheimnisvolle Wolken am weiten Horizont. Das Watt, die Salzwiesen und Halligen erleben.

So in etwa war meine Vorstellung von der Woche. Erst recht von den kleinen Inseln und Halligen in der rauen Nordsee. Vorher. Natürlich durfte da meine Regenhose samt Hightec-Regenjacke und wasserfesten Schuhe im Reisegepäck nicht fehlen. Schließlich sollte nichts meinen Naturerlebnissen im Wege stehen! Nur bei Gewitter wollte ich kapitulieren, soweit mein Plan, um nicht im Watt neben meinem Stativ zu stehen, wenn die Blitze am Himmel zuckten. Ansonsten waren meine Kamera und ich „Regen- und Sturmerprobt“.

Anreise in Husum: leichter Nieselregen, 19 Grad. Auch am nächsten Tag präsentiert sich Husum, von Theodor Storm so schön poetisch als graue Stadt am grauen Meer verfasst, in ziemlichem Einheitsgrau. Weiße Wolken hängen tief über dem Hafen und lassen die bunte Stadt tatsächlich ein wenig grau aussehen. Aber: Dank dem Klischee in meinem Kopf bin ich darauf eingestellt, meine Kamera ist bereits in den Schwarz-Weiß-Modus versetzt. Details, Strukturen, die „Hildegard“ an der alten Slippanlage drastisch unterbelichten, die Kräne vor der monoton hellen Himmelswand stark überbelichten – das diffuse Licht im Einheitsgrau animiert mich. Fotos bei blauem Himmel und Sonnenlicht kann ja schließlich jeder… 😉

Anders am nächsten Morgen. Schon am Fähranleger Strucklahnungshörn blendet das grelle Sonnenlicht in meinen Augen und während das kleine Schiff Kurs auf Hallig Hooge nimmt, wird mir wärmer und wärmer. Vom Anleger spazieren wir Richtung Backswarft, wo Wäsche im Wind flattert und ein weißer Ziegenbock unbeirrt die langen Halme jenseits des Zaunes rausrupft. Erster Stopp, um die kuschelige Fleecejacke im Rucksack zu verstauen und die dünnen Hosenbeine aufzukrempeln. Vielleicht sollte ich meiner Haut eine zweite Portion Sonnencreme gönnen? Denn Hooge präsentiert sich von seiner Schokoladenseite. Friedlich ziehen kleine Wattewölkchen über den tiefblauen Himmel. Genüsslich monoton rupfen Schafe und Pferde Grashalme aus den grünen Wiesen, auf denen sich Austernfischer und Brachvögel tummeln. Die weißen Zäune an den Warften leuchten im warmen Sonnenlicht wie die weiten Wäschereihen einer Waschmittelwerbung. Bilderbuchidylle.

Farben wie aus dem Tuschkasten! Kirchwarft auf Hallig Hooge an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins.

Wohin mein Blick auch fällt, an den satten Farben und Postkartenmotiven kommen meine Augen nicht vorbei. Selbst die verrosteten Hufeisen, die sorgfältig aufgereiht über einem Metallzaun hängen, sehen einfach nur schön aus. Das Pink der Blumen vor der kleinen Kirche würde jeden HD-Fernseher vor Neid erblassen lassen, so intensiv springt es den Besuchern entgegen. Heute keine Bilder in Schwarz-weiß, kein Spielen mit Unterbelichtung, keine versteckten Details, keine Strukturen, die vom Licht an Wände und Boden gemalt werden. Heute gibt es Farbe! Und was für Farben! Egal, dass am Ende eine Reihe von Postkartenmotive herauskommt, die gut auf der nächsten Touristikmesse für das kleine Fleckchen in der Nordsee werben könnte. Morgen sieht es sicherlich wieder anders aus. Heute ist Farbe angesagt!

Mehr Farbe, aber auch Impressionen in schwarz-weiß findest Du in meinen Fotowelten.