Noch schnell einen Blick riskieren, bevor Bulldozer und Bagger anrücken, um das irgendwann einmal weiß getünchte Gebäude dem Erdboden gleich zu machen. Die Abrissgenehmigung liege bereits vor, in diesem Frühjahr solle das ehemalige fürstliche Hotel in Eisenach weichen. Und so traurig es für viele ist, zerfällt mit dem Gemäuer auch ein Stück Geschichte und sicher viele, viele schöne Erinnerungen, so nachvollziehbar ist es. Nicht nur der sprichwörtliche Zahn der Zeit hat an der Villa oben auf dem Berg (ja, für Norddeutsche ist das durchaus aus als Berg zu bezeichnen! Dazu klingt „Hügel“ in meinem Ohr ein wenig kitschig) genagt, auch ein Feuer hat seine Spuren hinterlassen und einen Teil des Gebäudekomplexes zum Einsturz gebracht.

Weil ich mich unbedingt an dem Hotel fotografisch versuchen wollte, ehe es für einen Neubau Platz machen muss, stand ich bei Schnee und Eis vor dem Seiteneingang; der Haupteingang war mit Brettern zugenagelt. Ich war mir nicht sicher, ob die feuchte Kälte aus dem Innern des Hotels nach außen drang oder doch von der eisigen Januarkälte, in der wir auf die anderen Teilnehmer warteten, herrührte. Auf jeden Fall war ich froh, so viele warme Sachen in meinen Koffer gepackt zu habe. Sogar Ohrenschützer und einen zweiten Schal hatte ich dabei! Die Thermoskanne voll genüsslich heißem Tee wäre sicher auch angebracht gewesen, aber was noch alles mitschleppen für zwei Tage Eisenach??

Mit ebenso großen Augen wie Erwartungen stapfte ich gemeinsam mit den anderen (Hobby-)Fotografen dem Hausmeister hinterher ins Innere. Im Schein meiner kleinen Taschenlampe versuchte ich, der Gruppe zu folgen, dabei nicht über den unebenen Fußboden oder Geröll zu stolpern und gleichzeitig erste Motive zu entdecken. Bei diesem Unterfangen wurde mir klar, dass „Multitasking“ einfach ein Mythos sein MUSS! Und noch etwas beschäftigte mein Gehirn: Wo ging es jetzt nochmal zurück zur Küche, durch die wir „eingestiegen“ waren? Spätestens nach der dritten Abbiegung und an der zweiten Treppe war ich, zugegeben, etwas orientierungslos. Hoffentlich wurden die Teilnehmer am Ende durchgezählt, so wie früher bei Ausflügen im Kindergarten, ob auch niemand in den langen Fluren und verwinkelten Räumen verloren gegangen ist…

So erschien mir der große Festsaal als Ausgangspunkt für meine Suche nach Fotogenem am Einfachsten. Gut, auch weil hier die großen Leuchter von der Decke hingen, die ich auf Fotos gesehen hatte und die da bereits mein Interesse geweckt hatten. Vor allem der Kontrast von den weißen Lampen im Charme der 1970er Jahre zur rot gestrichenen Decke gefiel mir. Das aufgesprungene Parkett knarrte unter meinen Füßen, als ich durch den Festsaal stromerte, um eine geeignete Kameraposition zu finden. Von welchem Event wohl der überquellende Aschenbecher stammte? Von demselben wie die golden-pinke Lamettadekoration, die jemand scheinbar achtlos über die Stuhllehne geworfen hat? Mein künstlerisches Herz motivierte beides nicht so recht. Und die Bühne mit den langen, dunklen Vorhängen, die an die Frisur von Kleopatra erinnerten, und der silbernen Blechlampe, die verwaist auf Hüfthöhe über dem Bühnenboden hing? Machte das Ensemble was her? Klack, klack, klack: In die Stille hinein klappte ich mein Stativ auseinander und betrachtete das „Bühnenbild“.

Neugierig auf die Ergebnisse der Fototour durch „das fürstliche Hotel“ in Eisenach? Einige Impressionen vom fürstlichen Hotel und anderen „Lost Places“ findet Ihr in meinen Fotowelten.