Früh morgens starten wir unsere Tour in Istanbul. Bei dichten Wolken und aufziehendem Regen rollen wir langsam aus der Millionenmetropole Richtung Westen. Erst ziehen Häuser um Häuser an uns vorbei. Riesige Hochhaussiedlungen, Einkaufszentren mit großen Werbetafeln, dazwischen Moscheen, kleiner Häuser, dann wieder weitläufige Hotelkomplexe namhafter Ketten.

Ein weites Tal öffnet sich zu unserer Linken. Nebel liegt darüber und gegen die Sonne zeichnet sich eine kleine Skyline ab. Zehn Hochhäuser zähle ich, eine Art Fernsehturm mittendrin, rechts daneben stehen drei nicht ganz so hohe, dafür aber nicht weniger wuchtige Gebäudekomplexe. Fast ein wenig idyllisch. Aber eben nur fast auf der vierspurigen Straße, auf der wir unterwegs sind.

Rapsfelder statt Hochhäuser: wir lassen Istanbul hinter uns

Wir fahren schon eine ganze Weile, als Hügel und Felder die vielen Hochhäuser ablösen. Wir queren einen Fluss, deren Wasser weit über das Ufer herausgetreten ist. Immer Sommer sieht es hier sicher anders aus. Leuchtend gelbe Rapsfelder ziehen an uns vorbei, blühende Obstbäume, Zypressen und Pinien. Nur noch vereinzelt tauchen zwischen den kleineren Wohnhäusern die markanten Minarette der Moscheen auf. In Istanbul standen mancherorts gleich zwei nebeneinander.

Der Regen wird stärker; die Tropfen prasseln unaufhörlich auf die Wagenfenster ein und der Scheibenwischer hat Mühe, die Frontscheibe frei zu halten, von der überforderten Lüftung ganz zu schweigen. Erst grummelt es ein bisschen, dann durchzieht ein Blitz die dunklen Wolken am Himmel, ein lautes Grollen folgt. Irgendwie, überlege ich beim Blick aus dem Fenster, habe ich eindeutig zu viele T-Shirts in meinem Koffer J Aber das Wetter kann ja nur besser werden! Immer optimistisch bleiben!

Als wir an der Fähre ankommen, die uns von Gelibolu nach Lapseki bringen soll, hat der Regen weitgehend aufgehört. Die dichten Wolken sind jedoch geblieben. Als würden sie sich unterhaken und eine Mauer bilden, damit ja kein Fitzelchen Sonnenschein zu uns auf die Erde kommt, hängen die weißlich-grauen Gebilde am Himmel.

Von Europa nach Asien: In recht gemächlichem Tempo geht es über die geschichtsträchtigen Dardanellen. Die Meerenge zwischen dem Marmarameer und der Ägäis war immer wieder Schauplatz blutiger Schlachten. So auch im ersten Weltkrieg. Die über 100.000 hier gefallenen Soldaten haben auf mehreren Soldatenfriedhöfen (hoffentlich) ihren Frieden gefunden.

Von Kusadasi nach Aphrodisias

Kusadasi liegt etwa 100 Kilometer südlich von Izmir und ist eine sehr fruchtbare Gegend. Nachdem sie vor Urzeiten mal von Wasser überspült war, wurde hier lange Zeit Baumwolle angepflanzt. Inzwischen ist die Region vor allem für ihre leckeren Feigen bekannt. Wer im Frühling hier durchreist, kann sich an den blühenden Feigenbäumen erfreuen. Ebenso gut gedeihen hier Oliven. Alles grünt und blüht. Wunderschön. Zwischen den Feldern tauchen immer wieder gelbe und vor allem rote Tupfen in der Landschaft auf: Raps und Mohnblumen sprießen inmitten der Weizenfelder, an Wegesrändern und zwischen den Olivenbäumen. So viele Mohnblumen habe ich bei uns schon Jahre nicht mehr gesehen. Ich kann gar nicht genug von den schönen roten Blüten kriegen.

Das fruchtbare Land bietet auch optimale Bedingungen für den Obst- und Gemüseanbau. Dicht an dicht ziehen sich die weißen, runden Folien über die Felder. Meist „verstecken“ sich Erdbeeren darunter, die immer wieder an kleinen Ständen am Straßenrand mit anderen Obst- und Gemüsesorten zum Kauf angeboten werden.

Links ziehen Hügel – oder kann ich als Flachländerin dazu schon Berge sagen? – aus Sandstein vorbei. Sie sind leicht grün bewachsen. Kleine Pinien zur Bodenbefestigung. Ab und zu fahren wir durch einen kleinen Ort, manchmal sind es nur ein paar Häuser, manchmal gewachsenere Ortschaften mit Minaretten, deren Kuppeln in der Sonne leuchten. Mal zieren bunte Kacheln die Fassaden, mal sind sie grün oder blau angestrichen. Immer wieder kommen wir an Rohbauten vorbei. Verlassene, unfertige Häuser. Irgendwie sehen sie traurig aus. Vor allem frage ich mich, wieso es so viele von den Bauruinen gibt. Einige sind bereits mit neuen roten Dächern gedeckt. Wo Fenster und Türen seien sollen, klaffen schlicht Löcher im Beton. Ob sie jemals fertig gebaut werden?

Durch das Taurusgebirge nach Antalya

Die Straße ist nicht die beste heute. Es ruckelt und schuckelt und schaukelt, als wir auf dem Weg nach Antalya im Süden des Landes machen. Erst sind die Hügel noch sanft und grün. Je weiter wir ins Taurusgebirge, desto steiniger und karger werden die Hügel. Sie erinnern mich mit ihren verschiedenen Beige- und Brauntönen, mit dem spärlichen Grün dazwischen an die Landschaften in Utah und Nevada in den USA.

Hin und wieder sehen wir eine Schaf- oder Ziegenherde in den kargen Bergen weiden. Eine Gruppe noch kahler Pappeln stehen brav in Reih und Glied. Sie müssen wohl noch ein wenig auf frische Blätter warten.

Schmale Schluchten, richtige Canyons, die ebenfalls an den Westen der USA erinnern, ziehen durch die karge Steinlandschaft, die sich weit Richtung Horizont ziehen, an dem die schneebedeckten Gipfel zu sehen sind. Die höchsten sind über 4.000 Meter hoch, allerdings weiter östlich gelegen. Hier messen die höchsten Erhebungen etwas mehr als 2.000 Meter.

Immer wieder gibt es Neues zu sehen. Kleine, langgezogene Orte durchfahren wir. Restaurant neben Restaurant säumen die Straßen. Die rustikalen Holztische mit karierten oder weißen Tischdecken warten auf hungrige Gäste, die sich im Schatten eine kleine Pause gönnen möchten.

Unser Stopp kommt eine Weile später. Ebenfalls direkt an der Straße, ansonsten umgeben von herrlich blühenden Aprikosenbäumen. Ihre weißen Blüten heben sich gegen den strahlend blauen Himmel ab. Vorher sind wir der kurvenreichen Straße gefolgt, die sich durch die erneut grünen Hügel windet. Bei Regen muss man hier sicher sehr vorsichtig fahren; zum Glück scheint die Sonne.
An der Kreuzung geht es rechts nach Antalya, links nach Ankara. Obstbäume stehen links und rechts, blühen wunderbar weiß und grün. Dahinter erstreckt sich weiter das imposante Gebirge.

Bevor wir in Antalya ankommen, genießen wir einen schönen Blick über die Millionen-Einwohner-Stadt unweit des künstlichen Wasserfalls zu Ehren von Mustafa Kemal Atatürk.

Angekommen im Hotel endet unsere Fahrt. Rund 1.200 Kilometer, spannende Ausgrabungsstätten, abwechslungsreiche Landschaften und vier Tage liegen hinter uns. Zeit, die Füße ins Mittelmeer zu tauchen und die Abendsonne zu genießen.

Mehr über Istanbul und die antiken Stätten der Westtürkei gibt es hier in Kürze. Impressionen über die Reise findest Du in meinen Fotowelten. Viel Spaß beim Stöbern!