Mit mühsamer Gleichmäßigkeit umkreise ich mit dem Lichtstrahl meiner kleinen Taschenlampe das verrostete Stahlgebilde. Wie lange kreist der Lichtkegel schon? Die vergangenen 30 Sekunden kommen mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Vielleicht sollte ich den rechten Teil des Motivs auch noch einmal anleuchten? „Nachtaufnahmen extrem“ im Hamburger Hafen stehen heute auf dem Programm und langsam taste ich mich an das Fotografieren im Dunkeln heran. Und es ist wirklich dunkel. Keine „Blaue Stunde“.

Auch wenn von den Containern am anderen Elbufer Licht zu uns herüberdringt: Die Motive sind nur zu erahnen. Somit muss ich mich langsam an jedes Motiv herantasten. Schon nach kurzer Zeit stellt sich Routine ein: Grob einen Bildausschnitt abschätzen, Kamera ausrichten, einen Teil des Motives mit der Taschenlampe ausleuchten und darauf scharfschalten, dann per Kabel die Kamera auslösen und warten. Gefühlt sehr lange warten. Schon 30 Sekunden kommen mir wie eine halbe Ewigkeit vor, ganz zu schweigen von zwei Minuten! Sobald ich den Schalter vom Kabelauslöser erneut drücke wird es spannend. Gebannt starre ich auf das kleine Display. „Bild wird verarbeitet“ steht da. Wieder muss ich warten. Denn was ich am Ende tatsächlich fotografiert habe, zeigt nur das Kameradisplay an.

Blau, blau, blau sind alle meine Räder.

Ungeduldig – und auch um mich aufzuwärmen – hüpfe ich auf und ab. Ist das aufregend! War der Bildausschnitt gut gewählt, oder hätte ich die Kamera weiter nach rechts oder links ausrichten müssen? Wie hat die Beleuchtung geklappt? Ist das Motiv zu dunkel, zu hell geworden oder sind lediglich einige Details zu grell geworden? Wichtig natürlich auch, ob ich die Verschlusszeit richtig eingeschätzt habe oder hätte ich den Auslöser doch länger drücken müssen? Für mich als absolute Anfängerin im Bereich der Nachtfotografie durchaus herausfordernd und fühlt sich ein wenig an wie Laufen auf rohen Eiern.

Das Beste kommt zum Schluss

Nach über vier Stunden bei zwei Grad Celsius lassen sich meine Finger nur langsam bewegen und meine Nasenspitze fühlt sich taub an. Zeit, dieser spannenden Kulisse mit den alten Kränen, Schienen und Waggons – zumindest für heute – den Rücken zu kehren. Ab nach Hause, aufwärmen, Fotos sichten!

Gerade packen wir unsere Ausrüstung ein und klappen die Stative zusammen, als langsam lockere Wolkenfelder am bislang klaren Nachthimmel über uns aufziehen. Erst zögere ich, sehen die Wolken über den riesigen Kränen mit bloßem Auge zwar ganz hübsch, aber nicht spektakulär aus. Dafür noch einmal alles auspacken?

Das Stativ ist aber ja schnell wieder aufgebaut. Dann heißt es zum letzten Mal an diesem Abend: Motiv erahnen, anleuchten, fokussieren, auslösen und warten. Nochmal warten, während das Bild verarbeitet wird. Was das kleine Kameradisplay nach ein paar Minuten anzeigt, lösen ein teenagerhaftes „wow“ und „ist das cool“ bei mir aus. Faszination Nachtfotografie eben: Seine Strahlkraft entfalten die Fotos durch die richtige Balance aus Ausleuchtung und Verschlusszeit. Ich bin auf jeden Fall begeistert!

Was meint Ihr zur Nachtfotografie? Top oder doch eher Flop? Ein paar weitere Ergebnisse der Exkursion findet Ihr bei Hamburg neu entdeckt.