Keine Alben voll mit leicht vergilbten Quadraten Kindheitserinnerungen; mit Fotos von großen Augen am morgendlichen Geburtstagstisch oder dem Besuch bei Oma und Opa in den großen Ferien. Keine Einblicke in weit entfernte Feriendomizile, die unsere Fantasie anfachen und mit deren Hilfe wir uns in den nächsten Urlaub träumen können. Keine lustigen Schnappschüsse von in Sofaritzen eingeklemmten Katzen oder zerzausten Hundebabys nach dem ersten Bad, die in Windeseile die sozialen Netzwerke erobern.

Ohne die Erfindung von Louis Daguerre und seinen vielen „Vorkämpfern“, darunter auch Leonardo da Vinci mit der berühmten Camera obscura, gäbe es das alles nicht. Daher geht ein großer Dank an diese klugen Menschen, die sich von ihrer grenzenlosen Neugier und ihrem Erfindergeist nicht entmutigen, sondern vorantreiben ließen!

Heute vor genau 177 Jahren wurde die Fotografie erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Damals dauerte ein Foto noch eine halbe Ewigkeit und musste aufwendig in Quecksilberdämpfen entwickelt werden. Heute geht es im Bruchteil einer Sekunde, ist auch unterwegs schnell gemacht und ebenso flott an Freunde verschickt oder online hochgeladen. Die Technik hat sich in diesen 177 Jahren mit einem enormen Tempo weiterentwickelt.

Was würden die Erfinder wohl dazu sagen? Würden sie sich freuen, dass sie die Grundlage für etwas geschaffen haben, das aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken ist? Oder würden sie uns an die alten Zeiten erinnern, als ein Foto noch etwas ganz Besonderes war? Als sich die Menschen ordentlich herausgeputzt haben, die Damen ihr schönstes Kleid angezogen und die Herren ihren Sonntagsanzug, weil ein Foto ein „Once-in-a-lifetime“-Event war? Damals wurde nicht alles und jeder fotografiert und eine Portion Geduld gehörte zu jedem Foto unweigerlich dazu. Dafür halten die Ergebnisse bis heute an, werden nicht nach wenigen Sekunden weggewischt, weggeklickt oder verschwinden in den Tiefen der Festplatten.

Eines dieser eindrucksvollen Ergebnisse kam jüngst in meinen Besitz. Es zeigt meine Ur-ur-ur-Oma mit ihrem Sohn und ihrem Mann, der später nach Amerika auswanderte. Wirklich glücklich sehen sie zwar nicht aus, aber ernste Gesichter waren in der damaligen Porträtfotografie ja „en vogue“. Auf dem Rahmen, verschnörkelt aus dunklem Holz, ist das Entstehungsjahr notiert: 1866. Sensationelle 150 Jahre ist es alt und von Generation an Generation meiner Familie weitergegeben worden.
Jetzt steht die historische Fotografie auf meiner Wohnzimmerkommode; als Symbol einer großartigen Erfindung und als Teil meiner Familiengeschichte!