Fast scheint es, als sei die Stadt eine einzige große Filmkulisse. Bunt gestrichene Häuser, mit Zinnen, Ornamenten  und kleinen Statuen geschmückt. Glatt verlegtes Kopfsteinpflaster. Kleine Läden und Boutiquen säumen die Straßen und kleinen Gassen der Innenstadt. Darüber leuchtet das tiefe Blau des Frühlingshimmels, an dem gemütlich weiße Wattewölkchen vorüberziehen, als seien sie auf einer Kaffee-Fahrt, so langsam wandern sie durch das Blau.

Die Hauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern liegt rund 50 Kilometer von der Ostseeküste entfernt und ist daher beliebtes Ausflugsziel. Wenn dunkle Wolken am Urlaubshimmel aufziehen und norddeutsches „Schietwetter“ angekündigt ist, zieht es viele Ostseetouristen ins Hinterland. Schwerin eignet sich hervorragend für einen Sightseeing- oder Shoppingtrip: Ein bisschen historisches Flair schnuppern, durch die Innenstadt flanieren und beim imposanten Schloss mit weitläufiger Parkanlage vorbeischauen, bevor es bei richtig gutem Wetter wieder an den Strand geht. So mache ich mich für den zweiten Teil meiner Sommerserie auf, um Schwerin mit all ihrer Pracht zu erkunden.

Das liebe Wetter meint es dabei gut mit mir und möchte offenbar, dass ich die Residenzstadt unter möglichst „realen“ Bedingungen erlebe: Als ich am Bahnhof ankomme, liegen Regenwolken über der Stadt, aus der hin und wieder Hagelkörner gen Boden purzeln. Ein kalter Wind weht mir um die Nase. Nur eine kleine Wolkenlücke am Horizont, durch die sich hartnäckig Sonnenstrahl für Sonnenstrahl hindurch quetscht, macht mir Mut. Und ich muss wirklich nicht lange warten, ehe sich wärmende Sonne und blauer Himmel durchsetzen.

Idylle pur am Pfaffenteich

Vom Bahnhof ist es nicht weit zum Pfaffenteich. Ein kleines Gewässer, gesäumt von historischen Gebäuden. Das alte Elektrizitätswerk, das heute als Veranstaltungsräumlichkeit genutzt wird, liegt hier. Auch der Niederländische Hof, ein imposantes 4-Sterne-Hotel mit bewegter Geschichte seit seiner Eröffnung 1901, ist am Seeufer zu finden.

Der Teich ist nicht sonderlich groß und eignet sich für einen kleinen Spaziergang. Unweit des E-Werks liegt die „Petermännchen“, eine Fähre, die in den Sommermonaten über das Gewässer schippert. Vögel zwitschern, hin und wieder rauscht ein Radfahrer an mir vorbei oder ein Auto holpert über das Kopfsteinpflaster. Auch hier sind die Häuser „gut in Schuss“ und geben Einblick in die langjährige Geschichte: Bereits 1160 erhielt Schwerin die Stadtrechte und ist somit die älteste Stadt in Mecklenburg-Vorpommern.

Blick über den Pfaffenteich zum E-Werk.

Filmkulisse mit auffallend viel Graffitis

Die außerordentlich saubere Innenstadt ist vom Klassizismus geprägt: Viele Bauwerke stammen aus der Zeit zwischen 1770 und 1840. In den Jahren seit der Wiedervereinigung wurde hier viel saniert und restauriert, renoviert und Instand gesetzt. Heute präsentiert sich die rund 97.000 Einwohnerstarke Stadt ihren Besuchern wieder in all ihrem Glanz. An den Fassaden der historischen Gebäude kann ich mich kaum sattsehen, überall ist etwas Neues zu entdecken. Runde Fensterbögen, Blumenverzierungen, immer wieder schauen einen in Stein gemeißelte Gesichter an, mal scheinbar erschrocken, mal mit verträumten Blick in die Ferne; stets bleiben meine Augen an neuen, spannenden Details hängen.
Ebenso auffallend wie die Sauberkeit sind die vielen Graffitis. Nicht nur die sich in der Minderheit befindlichen renovierungsbedürftigen Gebäude sind über und über mit Farbklecksen und Schmierereien überzogen – auch Mauern und Häusern. Die vielerorts bemalten Stromkästen sollen wohl weitere Kritzeleien verhindern.

Überall in der Stadt finden sich Graffitis.

Kein Besuch ohne Halt beim Schweriner Schloss

Anziehungspunkt Nummer eins ist das Schweriner Schloss, traumhaft gelegen auf der Schlossinsel zwischen Schweriner See und Burgsee. So wie die Stadt, blickt auch das Schloss, in dem heute auch das Landesparlament seinen Sitz hat, auf eine lange, bewegte Geschichte zurück. Die vielen Jahrhunderte sieht man dem architektonischen Kunstwerk allerdings nicht an. Sicherlich auch Dank der Bundesgartenschau, die 2009 in der Landeshauptstadt gastierte.

Von der Innenstadt führt der Weg über die Schlossbrücke, gesäumt von künstlerisch gestalteten Säulen und Statuen. Der Blick fällt dabei unweigerlich auf die Reiterstatue über dem Haupteingang: Fürst Niklot I. – wobei ich denke, dass der Stammvater der Herzöge von Mecklenburg es verschmerzen wird, wenn man seine Statue bestaunt, ohne seinen Namen zu wissen. 🙂

Der Eingang zum Burggarten liegt zur linken Seite. Von 8 Uhr morgens bis Sonnenuntergang können Besucher die Schönheit der Parkanlage bewundern. Weiße Parkbänke, blank polierte Statuen, liebevoll angelegte Blumenbeete. Gelb, rot und pink leuchten sie in der Frühlingssonne. Überall kann man den Blick auf das Wasser genießen, auf dem Enten, Blesshühner und Schwäne unterwegs sind. Ein Ort zum Durchatmen und Entschleunigen.

Herkules und der Stier von Kreta, Orangerie

Kultur für jeden Geschmack

Nicht nur in punkto Geschichte hat Schwerin viel zu bieten, auch Kulturinteressierte kommen hier auf ihre Kosten: Filmkunstfest im Mai, Schlossfest im Juni, Schlossfestspiele im Sommer mit Blick auf Theater und Schloss – diesmal steht die West-Side-Story auf dem Programm – Kulturnacht im Oktober, um nur einige kulturelle Höhepunkte zu nennen. „Zwischendurch“ immer wieder Live-Musik und ansprechende Theatervorstellungen im historischen Ambiente. Hier gibt es sicher für jeden Geschmack das Passende!

Auch hier gibt es offenbar Streit um die Förderung von Kultur…

Du willst nicht nur Stadt, sondern auch Natur?

Kein Problem: Alleine im Stadtgebiet von Schwerin liegen zwölf Seen, die auf einem Spaziergang, einer Radtour oder gleich direkt auf dem Wasser per Kanu, Ruder- oder Segelboot erkundet werden können. Für sonnige Tage gibt es unweit der Innenstadt sogar eine Badestelle mit Sandstrand und herrlichem Blick auf Stadt und See.

Mehr Einblicke findest Du in meinen Fotowelten. Viel Spaß beim Stöbern :-). Den dritten Teil meiner Sommerserie „Ostsee“ findest Du hier Anfang Juni. Dann geht es raus ins Grüne!