Durch das offene Busfenster strömt der Duft von Lavendel und anderen Kräutern ins Wageninnere, als das längliche Gefährt links in die kleine Nebenstraße einbiegt. Neugierig recke ich den Hals, schließlich sollen wir schon in wenigen Minuten an der Endhaltestelle, dem Devil’s Dyke Pub, ankommen. Hinter uns liegt Brighton. Auch das Meer kann ich von hier aus sehen, eine kleine weiße Windmühle, ansonsten viel Grün, viel Ackerbau. Ein wenig mühsam schiebt sich der Bus den leichten Hügel hinauf, links liegt der Devil’s Dyke Golfplatz, rechts laufen Wanderer. Weit kann es jetzt wirklich nicht mehr sein.

Ein paar Minuten später halten wir in einem kleinen Wendehammer, direkt vor besagtem Pub. Das ist er also, der Devil’s Dyke. Das etwa eine Meile lange Tal ist das längste, tiefste und breiteste trockne Tal in ganz Großbritannien. Der Legende nach soll der Teufel es gegraben haben, um die Gemeindemitglieder der Umgebung darin zu ertränken. Natürlich ist die Erklärung der Wissenschaftler, dass das Tal während der jüngsten Eiszeit entstanden ist, viel wahrscheinlicher 🙂
An welchen Ursprung man auch glauben mag: Heute ist der Devil’s Dyke ein beliebtes Ausflugsziel, gerade bei schönem Wetter und an den Wochenenden. Und so ist es auch kein Wundern, dass ich hier auch an diesem Tag nicht alleine bin 🙂

Auf der Wiese mit Blick ins Tal hat es sich eine Schulklasse gemütlich gemacht und beobachtet mal mehr, mal weniger interessiert die Drachenflieger, die ihre Schirme auf dem Hang ausbereitet haben. Beim Infopunkt, bei dem unter anderem ein Schaubild anzeigt, was da vor einem im Tal und in der Ferne zu sehen ist, hat sich eine andere Gruppe niedergelassen. Deutlich jüngere Kinder, vielleicht im Vorschulalter, alle tragen leuchtend gelben Warnwesten. Vereinzelt laufen Wanderer in voller Outdoor-Montur durch die Menge und auch im Pub herrscht Hochbetrieb; auf beiden Sonnenterrassen ist jeder Tische besetzt.

Kleiner Exkurs: Mit dem Bus 77 von Brighton zum Devil’s Dyke
Bus 77 startet in Brighton am Pier, am Stop N, vom Brighton Pier ein Stück weiter stadteinwärts. Weitere Haltestellen sind zum Beispiel am British Airways i360 und Brighton Station, hier Stop E. Insgesamt dauert die Fahrt mit dem „Breeze Bus“ eine halbe Stunde; die meiste Zeit geht es durch Brighton, bevor es nach etwa 20 Minuten Fahrt kurz hinter der Stadt auf den Hügel hinaufgeht. Das Ticket für eine einfache Fahrt kostet drei Pfund. Wer gleich ein Returnticket kauft, um auf derselben Strecke wieder nach Brighton zurückzufahren, zahlt 4,50 Pfund. (Informationen: Stand Juli 2017)

Drachenfliegen heißt: warten, warten und noch länger warten

Besagte Wiese mit Blick ins Tal am Pub wird gerne als Startbahn von Drachenfliegern genutzt. Bis sie zu ihrem Flug aufbrechen können, heißt es erst einmal warten. Die Thermik muss genau stimmen – und das dauert eine Weile. Einige haben ihre Drachen bereits aufgebaut, besprechen sich mit anderen. Einige sind gerade dabei, ihr Equipment wieder zusammen zu packen. Offenbar haben sie die Hoffnung, heute starten zu können, aufgegeben. Wieder andere hatten schon ihre Sachen wieder eingepackt und im Kofferraum verstaut, um sie jetzt wieder auszupacken. Vielleicht gibt es Neuigkeiten an der Wetterfront.

Über Hügel und ins Tal: Rundwanderung am Devil’s Dyke. Eine Beschreibung.

Mein kleiner Flyer vom Breeze Bus gibt leider nicht sonderlich viel Informationen über die Wandermöglichkeiten her. Der Hinweistafel am Parkplatz nach gibt es  mehrere Wanderwege: in orange, pink und lila markiert. Aber wo startet welcher Weg? Zwei Radfahrer sind behilflich 🙂

Von der Bushaltestelle aus geht es Richtung Parkplatz, den Pub lasse ich dabei rechts liegen, wo ich eine Metallschranke passiere. Der Wanderweg – anfangs starten alle Wege zusammen – liegt jetzt direkt vor mir und dazu ein traumhafter Blick über das Tal, von dem ich mich kaum lösen kann. Wie gut, dass ich kameratechnisch digital unterwegs bin…

Relativ schnell geht der Weg bergab, aber immer weiter geradeaus. Es gibt zwar mehrere „Spuren“, aber alle laufen in dieselbe Richtung. Es scheint also völlig gleich zu sein, welchen ich einschlage und so schlendere ich fröhlich hin und her, immer auf der Suche nach dem schönsten Ausblick, der schönsten Perspektive.
An der ersten Kreuzung geht es links durch ein Klapptor auf den Reitweg (bridleway) und weiter hinunter ins Tal. So verdammt steil wie der freundliche Herr in der Bibliothek (dort wurde ich auf meiner Suche nach der nicht vorhandenen Tourist-Information in Brighton geschickt) gemeint hat, ist es auf diesem Teilstück noch nicht; aber ich muss nicht lange weiterwandern ehe ich verstehe, was er mit „wirklich wirklich steil bergab“ gemeint hat.

Ich folge zunächst der orange markierten Wanderroute, die auf einem recht steilen Weg durch ein kleines Waldstück führt. Immer wieder weisen Schilder auf andere Wanderwege, besser gesagt Pfade, manchmal arg zugewachsen und schmal, hin. Irgendwo werden diese wohl auch hinführen, aber wenn Du den rund vier Kilometer langen Rundweg entlang wandern möchtest, lass Dich nicht verwirren 🙂 Einige Male zeigt der orangefarbene Pfeil nach links oder rechts, aber die Wege sehen wenig vertrauenserweckend aus und so entscheide ich mich, einfach auf dem Hauptweg zu bleiben – am Ende ist das die richtige Entscheidung!

Der Wald endet in einem kleinen Ort namens Poynings, wo der Pub „Royal Oak“ eine gute Gelegenheit für ein kleines Päuschen ist. Heute ist es schwül-stickig, vermutlich wäre mir auch ohne Wanderung heiß und so nutze ich diese Gelegenheit und genieße eine kalte Limonade in dem hübsch angelegten Biergarten.

Vom Pub aus geht es weiter die Straße hinunter. Auf der rechten Seite kommt nach kurzer Zeit eine Autowerkstatt. Die Straße ist sehr schwer einzusehen und vom Royal Oaks kommend muss ich die Straßenseite wechseln.

Direkt neben der Werkstatt verläuft der Wanderweg. Auch hier mein Tipp: nicht irritieren lassen! Es sieht ein wenig nach Privatweg oder Werkstattgelände aus, aber Du bist auf dem richtigen Weg! Schon wenige Schritte, nachdem Du die Werkstatt passiert hast, kommt eine Wiese und links eine Möglichkeit, den Weidezaun zu überklettern.

Ein Stück laufe ich über die Wiese, dann biegt links ein zugewachsener Wanderweg ab. Ein Hinweisschild weist den Weg, also muss es richtig sein – aber ich bin froh, feste Schuhe und eine lange Hose anzuhaben: Der Weg ist ziemlich zugewachsen, einige Dornengebüsche und viele hohe Brennnesseln versperren ihn fast.
Nachdem ich mich hindurch gekämpft habe, überquere ich den kleinen Wasserlauf und wandere links von ihm weiter in ein kleines Wäldchen hinein. Auch hier ist der Pfad teilweise überwachsen, aber keine Sorge, der Weg wird auch wieder besser 🙂

Als ich aus dem Wald herauskomme, liegt das Tal vom Devil’s Dyke direkt vor mir. Wunderschön leuchtet das Grün im Sonnenlicht. Nicht nur wegen dem herrlichen Blick verweile ich hier für eine weitere Pause, sondern auch, um ein wenig Kraft zu tanken: Ab hier geht es wieder „bergauf“ – für Flachländer wie mich und bei der sommerlichen Schwüle fühlt es sich wie ein hoher Gipfel an 🙂

Für die schönste Aussicht auf das Tal nehme ich – den Tipp hatten mir andere Wanderer gegeben – den linken Weg, der hügelaufwärts verläuft. Schritt für Schritt. Aber ich bin ja schließlich im Urlaub und habe den ganzen Tag Zeit! 🙂
Oben angekommen sehe ich bereits den Devil’s Dyke Pub – und höre auch die Jugendgruppe, die hinter mir den „Berg erklimmt“.

Wenn Dir die vier Kilometer dieser Rundtour zu kurz sind: Es gibt auch die Möglichkeit, von Ditchling Beacon zum Devil’s Dyke zu wandern. Das sind rund elf Kilometer, es geht teilweise über unebenes Gelände, Weidegatter und je nach Wetter kann der Weg auch etwas matschig sein. Aber sicher ein Erlebnis!

Vor Ort ist es nicht ganz so einfach, an Informationen für Wanderungen zu kommen, deshalb am besten vorher alle Informationen zusammen sammeln. Gute Adressen dafür sind die beiden folgende Seiten: www.southdowns.gov.uk und www.nationaltrail.co.uk/south-downs-way.
Über den South Downs Wanderweg, der von Winchester bis nach Eastbourne führt, gibt es auch eine kleine Broschüre.

Impressionen von meiner Südengland-Reise findest Du hier. Viel Spaß beim Anschauen!